Bis zum Ablauf des 27. Januar 2022 war es auch Personen, die nicht Tierärzte sind, gestattet, nicht-verschreibungspflichtige Humanarzneimitteln bei Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, anzuwenden. Daher konnten bislang auch Tierheilpraktiker bei Haustieren Humanhomöopathika anwenden, da diese nicht zu den verschreibungspflichtigen Humanarzneien zählen.
Seit dem 28. Januar 2022 gilt in der Europäischen Union für Tierarzneimittel die Verordnung (EU) 2019/6 und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG. Dies veranlasste den Deutschen Gesetzgeber, ein Tierarzneimittelgesetz als eigenständiges Stammgesetz zu verabschieden im Arzneimittelgesetz die bisher dort auf Tierarzeimittel bezogenen Regelungen zum 28. Januar 2022 aufzuheben. Zu den Regelungen des neuen Tierarzneimittelgesetzes gehört der angegriffene § 50 Abs. 2 TAMG. Dieser besagt, dass Tierhalter sowie andere Personen, die nicht Tierärzte sind, Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes bei Tieren nur noch anwenden dürfen, wenn diese von dem behandelnden Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind und die Anwendung gemäß der tierärztlichen Behandlungsanweisung erfolgt. Humanhöopathika sind Arzeimittel im Sinne es Arzneimittelgesetzes und können daher künftig auch nicht mehr von Tierheilpraktikern im Rahmen ihrer Therapiemaßnahmen eingesetzt werden.
Praktizierende Tierheilpraktiker hatten einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Verbot der Anwendung von Humanhomöopathika durch Tierheilpraktiker gestellt. Am 24. Januar 2022 wurde dieser Antrag abgelehnt und der Beschluss vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts trat in Kraft. Die Beschwerdeführerinnen trugen vor, dass sie seit vielen Jahren hauptberuflich als Tierheilpraktiker arbeiten und vor allem Hunde, Katzen und Pferde behandeln. Durch die Einnahmen dieser Tätigkeiten bestreiten sie einen Großteil ihres Lebensunterhalts. Sie haben bis jetzt therapeutisch ausschließlich oder nahezu ausschließlich klassisch homöopathisch unter Anwendung hochpotenzierter registrierter Humanhomöopathika gearbeitet. Sie rügten nun eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit, und zusätzlich eine Verletzung vor Art. 3. Abs. 1 GG und als Tierhalter eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit.