Ausbildung oder Studium: Welcher Weg empfiehlt sich, um in der Pferdebranche beruflich einzusteigen? Viele jungen Leute, die in der Pferdebranche ihren Arbeitsplatz suchen, sind zwischen den Optionen hin- und hergerissen.
Die Pferdebranche ist vielfältig
Prof. Dr. Dirk Winter, Studiendekan für Pferdewirtschaft an der HfWU, erklärt: „Auf die Praxis in einem Pferdebetrieb bereitet eine Ausbildung vor. Wer in die Pferdewirtschaft möchte, ist mit einem Studium gut beraten.“ Wer ein Studium beginnen möchte, muss eine Hochschulzulassungsberechtigung mitbringen, also Abitur oder Fachabitur. „Aber auch eine adäquate Fachausbildung berechtigt zum Studium“, erklärt Prof. Dr. Dirk Winter. Für das Studium der Pferdewirtschaft ist auch die Liebe zum Pferd Voraussetzung – Reiten müssen die Studierenden jedoch nicht können. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Studiengang und Ausbildung: Die Anforderungen an das reiterliche Können sind bei der Ausbildung deutlich höher.
Als Schulabschluss sollte möglich ein Realschulabschluss oder Abitur vorhanden sein. „Interessierte sollten Vorerfahrung und Gefühl im Umgang mit dem Pferd beweisen und über Durchsetzungs- und Einfühlungsvermögen verfügen. Sie benötigen außerdem eine solide Grundausbildung im Sattel in Verbindung mit reiterlichem Talent“, sagt Uwe Karow, Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung der Berufsreiter im DRFV e. V. Außerdem gibt er Verantwortungsbewusstsein und Geschick im Umgang mit Menschen als Voraussetzungen an. Wichtig seien auch Engagement und Einsatzbereitschaft, denn häufig muss auch an Wochenenden oder am Abend gearbeitet werden.
Online Infotag der HfWU für Pferdewirtschaft am 13. März 2021
Falsche Vorstellungen
Fehlannahmen zu Studium und Ausbildung gibt es einige. Viele Studieninteressierte denken beispielsweise, dass sie große reiterliche Erfolge vorweisen müssen. Für das Studium sind diese jedoch irrelevant. Uwe Karow kennt ebenfalls viele Fehleinschätzungen: „Jungmädchenträume vom Schmusen in der Box und vom gestreckten Galopp über die satten Felder haben mit der manchmal doch recht harten Realität des Alltags eines Pferdewirts nicht viel zu tun. Um für sich selbst genau herauszufinden, ob man mit diesem Beruf die richtige Wahl trifft, sollte man sich in einem ersten Schritt bei einer Infoveranstaltung der Bundesvereinigung der Berufsreiter darüber informieren, was einen erwartet. Diese Veranstaltungen werden bundesweit an acht verschiedenen Standorten angeboten.“ Je nach Interesse können angehende Pferdewirte zwischen den Fachrichtungen Klassische Reitausbildung, Pferdehaltung und Service, Zucht sowie Spezialreitweisen (Westernreiten und Gangpferdereiten) wählen. „In der Fachrichtung Pferdehaltung und Service fangen die meisten Auszubildenden an, gefolgt von der Fachrichtung Klassisches Reiten“, berichtet Uwe Karow.
Theorie und Praxis
Wer befürchtet, im Studium nur graue Theorie zu lernen, irrt. Praxisbezug ist durchaus vorhanden: Im Lehr- und Versuchsstall der HfWU untersuchen die Studierenden zusammen mit Dozenten und Professoren durch Tests und Messungen verschiedene Sachverhalte rund um das Pferd, seien es Fragestellungen zur Fütterung, zum Exterieur oder zum Stallbau. „Außerdem haben wir sehr viele Lehrbeauftragte aus der Industrie, die in die fachlichen Bereiche im Studium eingebunden werden. Innerhalb unseres Praxissemesters haben die Studierenden dann die Möglichkeit, Einblick in ein Unternehmen zu gewinnen. Das ist eine Win-Win-Situation, in der sich die Unternehmen und die jungen Leute näher kennenlernen können“, erzählt Prof. Dr. Dirk Winter.
Bei der Ausbildung zum Pferdewirt wird die praktische Arbeit auf dem Betrieb mit der Berufsschule kombiniert. „In der Regel dauert die Ausbildung drei Jahre. Der Betrieb muss von der zuständigen Stelle, meistens sind das die Landwirtschaftskammern, anerkannt worden sein. Die Berufsschule wird entweder einmal wöchentlich oder in Form von Blockunterricht besucht“, erklärt Uwe Karow. Wer bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz Hilfe sucht, kann sich unter www.berufsreiter.com/stellenboerse an die Stellen- und Ausbildungsplatzbörse des Bundesverbands der Berufsreiter wenden. Auch die jeweiligen Landwirtschaftskammern bieten Informationen.
Perspektiven
Was ist nach Abschluss des Studiums beziehungsweise der Ausbildung zu erwarten? Entgegen gängiger Annahmen sind die Perspektiven nach der Ausbildung zum Pferdewirt recht gut, weiß Uwe Karow: „Der Bedarf an qualifizierten Pferdewirten ist nach wie vor hoch. Deutsche Pferdewirte sind auch international gefragt und haben einen sehr guten Ruf. Auch wenn der demografische Wandel nicht vor dem Pferdesport Halt machen wird, wird die Nachfrage nach Fachpersonal zur Aus- und Weiterbildung von Pferden und Reitschülern, zur Pferdezucht und Dienstleistung rund um das Pferd bleiben.“ Wer sich weiterbilden möchte, findet viele Möglichkeiten vor. Uwe Karow zählt auf: „Die fachliche Entwicklung kann mit der Meisterprüfung abgeschlossen werden. Ein Bachelor- und Masterstudium sind weitere Ergänzungen, um sich wissenschaftlich zu schulen.
Ferner gibt es die Möglichkeit, sich durch ein 1,5-jähriges Vollzeitstudium an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Köln zum Diplom- Trainer Reiten (DOSB) auszubilden.“ Prof. Dr. Dirk Winter begleitet bereits seit 2010 Studierende der Pferdewirtschaft und kann aus Erfahrung sagen, dass die beruflichen Perspektiven für Absolventen sehr gut sind: „Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt, darum sind die Chancen generell sehr gut. Viele unserer Absolventen arbeiten später in Unternehmen der Pferdebranche, und dieser Bereich ist mit circa 10.000 Firmen sehr groß. Hauptsächlich sind dies klein- und mittelstrukturierte Betriebe. Je nach Schwerpunkt können das sehr unterschiedliche Tätigkeiten sein.“ An den Bachelor-Abschluss in Nürtingen schließen viele einen Master-Studiengang an, zum Beispiel in Agrarwissenschaft. „Rund 20 Prozent mit der Möglichkeit der anschließenden Promotion“, berichtet Prof. Dr. Dirk Winter.
Informationen rund um das Thema AusbildungBundesvereinigung der Berufsreiter im Deutschen Reiter- und Fahrer-Verband Tel.: 05423-9516606; E-Mail: geschaeftsstelle@berufsreiterverband.de Im Bereich „Berufseinsteiger“ stehen viele Infos direkt zur Verfügung: www.berufsreiter.com Deutsche Reiterliche Vereinigung, Abt. Ausbildung und WissenschaftTel.: 02581-6362-0; E-Mail: ausbildung@fn-dokr.de,www.pferd-aktuell.de Deutsche Reitschule Tel.: 02581-6369-28; E-Mail: m.risse@deutsche-reitschule.de, www.deutsche-reitschule.de |
Informationen zu den Studiengängen:
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Ausbildung und Studium kombiniert: Duales StudiumWer die Vorteile beider Ausbildungswege miteinander kombinieren will, ist unter Umständen mit einem Dualen Studium gut beraten. Dieses Angebot ist neu und gibt es erstmaling an der HfWU: Im Sommer beginnt der erste Block, der aus 14 Monaten Ausbildung besteht. Vom ersten bis zum vierten Semester sind diejenigen, die sich für ein Duales Studium entschieden haben, in den herkömmlichen Bachelor-Studiengang Pferdewirtschaft der HfWU integriert und nutzen ihre vorlesungsfreie Zeit und das Praxissemester für die Ausbildung im Betrieb. Am Ende des sechsten Semesters erfolgt der Berufsabschluss Pferdewirt. In den Semestern fünf bis sieben liegt der Schwerpunkt auf dem Studium. Nach dem siebten Semester schließt es mit der Bachelorarbeit als Bachelor of Science, Studiengang Pferdewirtschaft, ab. |
Auszubildende in der Pferdewirtschaft in Deutschland
Beruf / Fachrichtung | Jahr 2019 | Jahr 2018 |
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Pferdewirt Pferdehaltung und Pferdeservice | 804 | 792 |
Pferdewirt Klassische Reitausbildung | 468 | 444 |
Pferdewirt Pferdezucht | 150 | 144 |
Pferdewirt Spezialreitwesen | 468 | 72 |
Pferdewirt Pferderennen | 33 | 33 |
Quelle: Statista