Wie wir sprechen, ist für Tiere von Bedeutung. So können Pferde, Wildpferde und auch Schweine zwischen negativen und positiven Lauten von Artgenossen sowie von der menschlichen Sprache unterscheiden. Dies fand ein internationales Team von Wissenschaftler aus dem Gebiet der Verhaltensbiologie der Universität Kopenhagen heraus. Die Studie zur Höflichkeit gibt Einblicke in die Geschichte der emotionalen Entwicklung und eröffnet eine interessante Perspektive für den Tierschutz sowie für die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd.
Was viele Pferdehalter intuitiv bereits in ihrem Umgang mit dem Pferd umgesetzt haben, ist jetzt durch aktuelle Forschungsergebnisse der Universität Kopenhagen und der ETH Zürich untermauert worden. Ob der Ton der Kommunikation positiv oder negativ geladen ist, nehmen die Tiere wahr. „Die Ergebnisse zeigten, dass domestizierte Schweine und Pferde sowie asiatische Wildpferde den Unterschied erkennen können, sowohl wenn die Geräusche von ihrer eigenen Art und nahen Verwandten stammen, als auch von menschlichen Stimmen“, erläutert Verhaltensbiologin Elodie Briefer. Als Erklärungsmodell haben die Forscher drei
Thesen herangezogen: Die erste ist Phylogenie. Die Theorie besagt, dass je nach Entwicklung der Arten, Tiere mit gemeinsamen Vorfahren aufgrund ihrer Biologie in der Lage sein können, die Geräusche des jeweils anderen wahrzunehmen und zu interpretieren. Domestizierung betrifft die zweite Theorie: Der enge Kontakt mit dem Menschen über einen so langen
Zeitraum hinweg, könnte die Fähigkeiten, menschlichen Emotionen zu interpretieren, verbessert haben. Möglicherweise wurden zudem Tiere, welche die menschliche Emotion besonders gut lesen konnten, für die Zucht bevorzugt. Die dritte These hängt mit der Vertrautheit zusammen. Die in der Studie untersuchten Tiere haben möglicherweise ein besseres Verständnis für Menschen und Artgenossen entwickelt, da sie mit ihnen z.B. in der Unterkunft in engem Kontakt standen. Laut den Wissenschaftlern passt die Domestikationshypothese für die Ergebnisse der Pferde am besten.
Der Aufbau der Studie: Ein Kauderwelsch
Die Forscher spielten Aufnahmen von Tiergeräuschen und menschlichen Stimmen aus versteckten Lautsprechern ab. Um zu vermeiden, dass die domestizierten Tiere auf bestimmte Wörter reagieren, wurden positive und negative menschliche Stimmen von einem professionellen Sprecher in einer Art Kauderwelsch, also ohne sinnvolle Phrasen, vorgetragen. “Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Tiere von den Emotionen beeinflusst werden, mit denen wir unsere Stimmen aufladen, wenn wir mit ihnen sprechen oder in ihrer Nähe sind. Sie reagieren stärker – im Allgemeinen schneller – wenn sie mit einer negativ
geladenen Stimme angesprochen werden, als wenn ihnen zuerst eine positiv geladene Stimme vorgespielt wird. In bestimmten Situationen scheinen sie sogar die Emotion zu spiegeln, der sie ausgesetzt sind”, sagt Elodie Briefer.
Die Studie konnte keine eindeutigen Beobachtungen einer sogenannten emotionalen
Ansteckung feststellen, also eine Art Spiegelung der Emotionen. Doch die Reihenfolge, in welcher die Töne abgegeben wurden, war entscheidend: Sequenzen, in denen der negative Ton zuerst abgespielt wurde, lösten bei allen außer den Wildschweinen stärkere Reaktionen aus. Dazu gehörte auch die menschliche Sprache. “Es bedeutet, dass unsere Stimmen einen direkten Einfluss auf den emotionalen Zustand der Tiere haben, was aus Sicht des Tierschutzes sehr interessant ist”, sagt sie. Laut der Verhaltensbiologin sollten Pferde
entsprechend ruhiger reagieren, wenn sie zuerst mit einer positiven, freundlichen Stimme angesprochen werden.