Vernarbungen im Bereich der Maulwinkel sprechen für sich allein nicht für eine chronische Erkrankung. Vielmehr könne der Befund jederzeit aufgrund reiterliche Einwirkung eintreten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb am 27. September 2021 mit der veröffentlichten Entscheidung einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Turnierpferd verneint.
Verklagt wurde ein Zucht- und Ausbildungsstallbetreiber. Dieser verkaufte der Klägerin im Januar 2015 einen Hengst für 65.000 Euro. Sie hatte das Pferd zuvor besichtigt, reiterlich erprobt und es wurde ärztlich untersucht. Im April konsultierte die Klägerin eine Tierärztin, da Probleme mit der Anlehnung des Hengstes beim Beritt auftraten. Die Tierärztin hat einen offenen Maulwinkel rechts, sowie ein Überbein der linken Lade diagnostiziert. Zwei Jahre später gab sie das Pferd dem Beklagten in Kommission zurück. Im Oktober 2017 trat sie vom Kaufvertrag zurück.
Entscheidung über die Rückabwicklung des Kaufvertrags
Als Begründung gab die Klägerin an, dass das Pferd die Vernarbungen in der Mundhöhle, sowie das Überbein der Lade bereits bei Übergabe gehabt habe. Dies seien zudem auch die Gründe für die Probleme bei der Anlehnung. Das Landgericht hat die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadensersatz abgewiesen.
Auch die Berufung vor dem OLG hatte keinen Erfolg. Es bestätigte, dass das Tier zum Zeitpunkt der Übergabe nicht mangelhaft gewesen sei. Auch war keine besondere Beschaffenheitsvereinbarung etwa hinsichtlich Rittigkeit oder Geeignetheit für eine bestimmte Turnierklasse vereinbart. Nur weil der Beklagte das Pferd mit sportlichen Perspektiven angepriesen hat, lasse sich nicht ableiten, dass er die Gewähr dafür übernehmen wollte. „Es liegt in der Natur der Sache, dass Entwicklungsprognosen von Tieren unsicher und letztlich spekulativ sind und der Verkäufer ohne ausdrückliche Absprache hierfür keine Gewähr übernimmt“, begründete das OLG.
Die später festgestellten Befunde des offenen Maulwinkels, knöcherner Veränderungen an der linken Lade und einer Hautläsion könnten zwar als Mangelerscheinung angesehen werden. Ein Sachverständiger führte jedoch aus, dass davon auszugehen ist, dass diese Umstände zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhandengewesen seien. Das Tier wurde am Tag der Übergabe untersucht, ohne Mängel. Außerdem habe die Klägerin dem Beklagten noch mehr als zwei Jahre nach Vertragsabschluss bestätigt, dass sich Hengst in Topform befinde.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und mit Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.