Dass Pferde neugierig sind und ihnen scheinbar nichts entgeht – für Pferde-Profis, ist das keine wirkliche Neuigkeit. Nun zeigt eine Studie, die an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen allerdings entstanden ist, dass Pferde menschliche Interaktion nicht nur beobachten, sondern auch ihre Schlüsse daraus ziehen. Die Studie verfassten Annika Roll, Anna Beyer und Angela Föll zusammen mit den Professorinnen Maren Bernau und Konstanze Krüger aus dem Studiengang Pferdewirtschaft.
Dass Pferde menschliche Interaktion beobachten und daraus lernen, zeigten die fünf Frauen anhand der Wahl des Futterplatzes. Dafür gab es im Versuch einen blauen und einen gelben Eimer, die als Futterplatz angeboten wurden. Die Forscherinnen beobachteten, welchen Eimer die Pferde bevorzugten. Dieser wurde nun folgendermaßen zum verbotenen Eimer: Die Pferde beobachteten eine Person, wie sie sich dem bevorzugten Eimer annäherte und versuchte, ein Stück Karotte aus dem Eimer zu nehmen, um diese zu essen. Beim erlaubten Eimer lobte die Besetzerin des Pferdes die Person. Näherte die Person sich aber dem verbotenen Eimer, schickte die Besitzerin sie wieder weg. Mehrere Male beobachteten die Pferde dieses Schauspiel, bevor sie aufgefordert wurden, selbst einen Futtereimer zu wählen. Die Mehrzahl der Pferde wählte jetzt nicht mehr den verbotenen Eimer, sondern gab dem gelobten Eimer den Vorzug.
Zusammenhang zwischen Haltungsform
Geschlecht, Alter und der soziale Rang der Pferde spielten für die Anpassung an die menschliche Vorliebe keine Rolle. Die Autorinnen der Studie stellten allerdings eine Verbindung zwischen der Haltung und der Anpassung fest: Pferde, die in Gruppenhaltung leben, passten sich besser an das Lob an. Diese Beobachtung bestätigt die „social intelligence hypothesis“. Sie geht davon aus, dass Tiere, die in einem sozialen Umfeld leben, mehr Interesse an den Interaktionen anderer haben. Außerdem üben sie ihre Fähigkeiten zum Verständnis sozialer Interaktionen besser.
Eine der Rückschlüsse, welche die Forscherinnen aus diesen Ergebnissen ziehen, ist, dass Pferde das menschliche Miteinander sehr genau beobachten. Wer seinem Pferd einen Futterplatz, einen Trainingsort oder einen Pferdetransporter „schmackhaft“ machen möchte, sollte sich dort nicht mit anderen Personen streiten. Sie als Betriebsleiter sollten, wenn es um schwierige Kunden- oder Kritikgespräche geht, besser das Büro als den Stalltrakt aufsuchen.