Kostenrechnung und Kennzahlen wecken in den wenigsten Betriebsleitern große Emotionen. Sollten sie aber, denn aus ihnen lässt sich eindeutig ablesen, was am Betrieb gut läuft und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Starten wir das Controlling auf dem Pferdebetrieb!
Um zu klären, wie das funktioniert, haben wir mit zwei Experten über das Thema Controlling auf Pferdebetrieben gesprochen. Die beiden Betriebsberater Christian Fendt und Dr. Volker Segger erklären, wie man sich als Betriebsleiter motivieren kann, die meist ungeliebte Aufgabe zu erledigen und auch. Generell gilt natürlich: je regelmäßiger geprüft wird, umso weniger Zeitaufwand ist nötig.
Kennzahlen
Um den Durchblick beim Controlling auf dem Pferdebetrieb zu bewahren, eine Beurteilung der Kennzahlen im Mittelpunkt. Die beiden Hauptfragen, die sich aus den Zahlen ergeben, klingen zunächst simpel: Wo kommt ein Großteil der Einnahmen her? Und: Was sind die größten Posten bei den Ausgaben? Um das zu ermitteln, braucht es die Kennzahlen. „Die wichtigsten Kennzahlen findet man in der Gewinn- und Verlustrechnung Gewinn oder Verlust sind am Ende ausgewiesen und werden als Jahresüberschuss oder -fehlbetrag bezeichnet.“, erläutert Dr. Volker Segger. Er ist ehemaliger Abteilungsleiter an der LEL Schwäbisch Gmünd und Betriebs-Check-Berater für Pferdebetriebe.
Sein Tipp: Legen Sie ein Tabellenblatt an, in das Sie die 10 bis 20 wichtigsten Kennzahlen übertragen. Ergänzen Sie diese in den nächsten Jahren. Ein solches Formblatt hat uns Dr. Segger freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Sie können es hier herunterladen: Datenblatt Betrieb. So erhalten Sie Zeitreihen, die die Entwicklung des Betriebes veranschaulichen. Fendt stimmt zu: „Das Interessanteste an Kennzahlen ist immer deren Entwicklung.“ Zudem sollte man die bedeutendsten Ertrags- und Aufwandspositionen in eine solche Tabelle eintragen. In einem Pensionspferdebetrieb mit zusätzlichem Ackerbau seien das zumindest die Erlöse aus der Pensionspferdehaltung und dem Ackerbau sowie die Prämien. Beim Aufwand sind Futterzukäufe, Löhne, Abschreibungen sowie der Zinsaufwand besonders wichtig.
Betriebsabhängige Zahlenreihen
Kennzahlen hängen von der Art des Betriebs ab: Im Pensionsbetrieb umfassen sie Einnahmen wie die monatlichen Pensionspreise und Ausgaben wie die Kosten für Futter, Dienstleistungen und Personal. Variable Kosten können die Ausbringung von Mist oder die Leihgebühren für Landmaschinen sein. Im Schulbetrieb sind es die Einnahmen durch Reitstunden und Kurse einerseits und die Kosten- und Unterhaltskosten für die Schulpferde andererseits sowie Kosten für Tierarzt und Schmied, Anschaffungskosten für die Pferde und ggf. Personalkosten, sofern nicht Familienmitglieder den Unterricht übernehmen. Steht ein Betrieb auf mehreren Standbeinen empfiehlt Fendt, diese unterschiedlichen Bereiche unbedingt klar zu trennen und sich entsprechend zu fragen: „Verbrenne ich Geld mit dem Schul- oder dem Pensionsbetrieb?“ Um die Kennzahlen dafür abzustecken, empfiehlt er, einen Betriebsberater hinzuzuziehen: „Dessen Helikopterblick hilft, erfolgreiche und weniger erfolgreiche Betriebszweige herauszufiltern und das ist für die Zukunftsentwicklung extrem wichtig.“
Wirtschaftlichkeit eines Pferdes
Um die Wirtschaftlichkeit eines einzelnen Pferdes zu ermitteln, nennt Segger zwei Möglichkeiten: Ableitung aus der Buchführung oder Kalkulation aufgrund selbst ermittelter Mengen und Preise. Er erklärt: „Der erste Weg ist sehr aufwändig. Die zweite Möglichkeit ist die Kalkulation des Deckungsbeitrags aufgrund der erzielten Einnahmen und der variablen Kosten, also der verbrauchten Mengen an Kraftfutter, Heu, Einstreu, Wasser, Energie und Tierversicherungen. Wichtig dabei ist, alle Werte netto anzusetzen, wenn der Betrieb der Regelbesteuerung unterliegt.“
Als Unterstützung für diese Berechnungen bietet die Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum Schwäbisch Gmünd (LEL) online ein kostenloses Kalkulationsprogramm an. Eine weitere Spielart für Berechnungen ist es, die Reitanlage in Bestandteile wie Stall, Führanlage und Reithalle zu gliedern. Fendt sieht das eher als zusätzliche Aufgabe, die kein Muss ist, sich aber als nützlich erweisen kann. Er erklärt: „Wenn man sich mit den einzelnen Posten wie Halle, Führanlage, etc. beschäftigt, kann das helfen, um die Preisgestaltung zu steuern und gegenüber Kunden auch zu begründen.“ Auch und besonders vor einer größeren Investition rät Fendt, sich zu fragen: Lohnt sich das? Und ist es für meine Zielgruppe nötig?
Gewinn
„Ein vor allem in Industriebetrieben verwendeter Kennwert ist die Gewinnrate, bei der der erzielte Gewinn in Relation zum gesamten Ertrag gesetzt wird“, erklärt Segger. Im Rahmen des Pferdereports von 2018 hat er für Baden-Württemberg herausgefunden, dass der durchschnittliche Betrieb mit 40 Pensionspferden, 5 eigenen Pferden und 66 ha LF einen Umsatz von 214.000 € und einen Gewinn von knapp 52.000 € erzielte. Das entspricht einer Gewinnrate von 24%. Betriebe mit einer niedrigen Gewinnrate sind besonders anfällig für Erlösschwankungen, wie z.B. aufgrund eines Einbruchs der Belegungsquote. Generell muss der Gewinn einerseits zusammen mit den privaten Einlagen die Entnahmen der Familie sowie die Tilgung vorhandener Darlehen abdecken zur Sicherung der Liquidität. Andererseits sollte er die kalkulatorischen Kosten decken: die Entlohnung der Familienarbeitskräfte, der bewirtschafteten Eigentumsfläche und des Eigenkapitals, also die Rentabilität sichern. An einem Beispiel wird deutlicher, was das heißt.
Beispielrechnung
Dr. Volker Segger beschreibt einen Betrieb mit 50 Pensionspferden, drei eigenen Hobbypferden und einer Betriebsfläche von 60 ha LF, wovon sich 20 ha im Eigentum befinden. Der, um außerordentliche Erträge wie z.B. einen Pferdeverkauf oder Aufwendungen wie eine größere Gebäudereparatur, bereinigte Gewinn beträgt 65.000 €. Die Bilanz weist ein Eigenkapital von 600.000 € und einen Wert der eigenen Flächen von 400.000 € aus. Von den Familienarbeitskräften (AK) werden insgesamt 4.000 Arbeitsstunden im Jahr geleistet, 2.000 weitere Stunden erbringt ein fest angestellter Mitarbeiter. Es ergeben sich folgende kalkulatorische Kosten:
Lohnansatz für Familien-AK: 4.000 Std. x 17 € 68.000 €
Pachtansatz für Eigentumsfläche: 20 ha x 250 € 5.000 €
Zinsansatz für Eigenkapital: (600.000 € – 400.000 €) x 2% 4.000 €
(ohne Boden, da bereits über Pachtansatz entlohnt)Summe kalkulatorische Kosten 77.000 €
Der bereinigte Gewinn sollte mindestens so hoch sein, wie die kalkulatorischen Kosten. Dann wäre der Betrieb zu 100% rentabel. Die tatsächlich erreichte Rentabilität beträgt im Beispiel jedoch nur 84 % (65.000 € dividiert durch 77.000 €)
Optimieren und Qualität sichern
Gewinn ist überlebenswichtig, Wachstum dabei aber nicht alles. Fendt betont: „Sich Ziele zu setzen ist immer ein Steuerrad des Betriebs. Wichtiger als Wachstum sind dabei allerdings Stabilität und Optimierung.“ Seiner Erfahrung nach gibt es auf Reitanlagen und im landwirtschaftlichen Bereich im Moment noch viel Luft nach oben. Er hält fest: „Wichtig ist es, eine Vision zu haben, aber viele machen sich zu viele Gedanken um Wachstum, dabei liegt das wahre Potenzial in der Optimierung. Mehr ist nicht automatisch besser, denn 30 mal Null ergibt genauso Null wie 50 mal Null. Mehr Pferde zu haben, kann also auch bedeuten, dass die Gewinne weiter ausbleiben aber die anfallende Arbeit wächst und das ist das größte Problem.“ Genau dort sieht Fendt auch einen entscheidenden Ansatzpunkt: Arbeitszeit ist am besten und effizientesten durch Automatisierung und Maschineneinsatz in den Griff zu bekommen.
Ausführliche Informationen zur Optimierung von Arbeitsabläufen, Preisgestaltung und Umweltfragen, lesen Sie in der Ausgabe 11-2020 des Profi-Magazins Pferdebetrieb. Außerdem erfahren Sie dort mehr über ein weiteres wesentliches Ziel des Controlling auf dem Pferdebetrieb: die Qualitätskontrolle. Denn, wie Christian Fendt erklärt: „Der Faktor Mensch vor allem in Bezug auf die Mitarbeiter wird immer wichtiger und wirkt sich letztlich auch auf die Qualität und die Zufriedenheit der Einsteller aus.“ Entsprechend wichtig ist es, neben dem Blick auf die Zahlen auch nie die Menschen auf dem Betrieb aus den Augen zu lassen und dem Faktor Qualität einen ebenso hohen Stellenwert einzuräumen wie Gewinn oder Umsätzen.
Autorin: Lisa Freudlsperger
Unsere Experten: Christian Fendt und Dr. Volker Segger
Christian Fendt leitet selbst einen Pensionspferdebetrieb mit Laufstallhaltung in der Nähe von Augsburg. Er ist seit über 15 Jahren selbständiger Berater für landwirtschaftliche Betriebe. Seine Schwerpunkte sind Betriebswirtschaft, Arbeitswirtschaft und Betriebsentwicklung. Er hat eine Ausbildung als Landwirt und Zimmermann sowie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert.
Dr. Volker Segger war bis 2017 Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft an der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum in Schwäbisch Gmünd (LEL). Zudem war er viele Jahre als Lehrbeauftragter im Studiengang Pferdewirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geißlingen tätig. Nach wie vor ist er Mitglied im Ausschuss für die Meisterprüfung im Beruf Pferdewir