Die moderne Pferdehaltung hat das Wohl der Pferde ganz besonders im Fokus. Gleichzeitig muss die Arbeitswirtschaftlichkeit stimmen und die Kunden müssen zufrieden sein. Zusätzlich kämpft die Branche mit steigenden Personalkosten und Fachkräftemangel. Qualifiziertes Personal ist teuer. Um all diesen Aspekten abdecken zu können, stehen Pferdebetriebsleiter hinsichtlich der Pferdehaltung unter wachsenden Herausforderungen. Das gilt sowohl für Boxenhaltung und Paddockboxen als auch für Offen- und Bewegungsstallhaltung.
Pferdeboxen: Der Klassiker
Boxenhaltung ist in Deutschland der Klassiker, wenn es um die Unterbringung von Pferden geht. Allerdings entsprechen nicht alle Boxen den vorgegebenen Standards bzw. den Wünschen der Einsteller. Grundsätzlich geben die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten, die aktuell überarbeitet werden, die Mindestmaße für die Pferdebox vor. Reine Innenboxen, also solche Boxen, die Pferden kein vorgelagertes Paddock oder Fenster nach draußen bieten, nehmen viele Experten und Einsteller nicht mehr als zeitgemäß wahr. Deutlich beliebter sind Außen- bzw. Paddock-Boxen, die Umgebungsreize und über den Zaun hinweg Sozialkontakt bieten.
Gebäude
Beim Boxenbau ist das Stallgebäude ein wichtiger Faktor. Für einen Umbau muss das vorhandene Gebäude einige Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören ein gesundes Mauerwerk und eine Konstruktion, die Licht und Luftaustausch fördert. Die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten verlangen eine lichte Deckenhöhe von 1,5 x Widerristhöhe. Deshalb fallen viele alte Stallanlagen für die Pferdehaltung aus. Bei einem Neubau empfehlen die Leitlinien eine Decke, die doppelt so hoch ist wie die Widerristhöhe. Glasfenster, die von den Tieren erreicht werden können, müssen nach den vorgeschriebenen Haltungskriterien gesichert werden. Um die Luftzirkulation zu unterstützen, können Lüftungsschlitze in den Boxenwänden helfen. Der Boden im Stallgebäude sollte versiegelt und eben sein. Für ein gutes Stallklima ist außerdem auch die Isolierung des Dachs wichtig, das im Winter vor großer Kälte und im Sommer vor starker Hitze schützt.
Platzbedarf
Bei der Planung der einzelnen Boxen ist zunächst deren Größe zu beachten. Die Leitlinien sehen eine Mindestgröße vor, die der doppelten Widerristhöhe im Quadrat entspricht, also F = (2 x Wh.)². Bei einem Pferd mit einem Stockmaß von 1,68 m bedeutet das eine Boxenfläche von mindestens 11,29 m². Die Länge der Boxenschmalseite sollte dabei größer als 1,75 x Widerristhöhe sein. Stuten mit Fohlen muss gemäß der aktuellen Leitlinien mindestens eine Fläche von (2,3 x Wh.)² zur Verfügung stehen. In deren Boxen sollten keine Raufen integriert werden, um Verletzungen der Fohlen auszuschließen. Auch für die Breite der Stallgasse sind Mindestmaße vorgeschrieben: So sehen die Leitlinien für Großpferde mindestens 2,50 m Breite vor. Zudem sollte der Betriebsleiter abwägen, ob er platzsparende Schiebetüren oder eine Flügeltüre einbauen möchte.
Ausstattung
Bei der zeitgemäßen Boxenhaltung spielt auch Futtertechnik und ihre Positionierung eine Rolle. Experten empfehlen die Tränke und Raufutterraufe möglichst weit voneinander entfernt zu platzieren. Ansonsten könnten herausfallende Halme die Tränke verschmutzen. Zusätzlich sorgt die Anordnung so für mehr Bewegung. Die Raufe sollte für das Personal leicht zu bestücken sein, idealerweise sogar von der Stallgasse aus, sodass die Boxentüre nicht extra geöffnet werden muss. Die Höhe der Fressebene sehen die Leitlinien für 0,3 bis 0,4 x Widerristhöhe vor. Auf gleicher Höher sollte auch die Tränke angebracht sein. Spezielle Entmistungstechnik hilft, die Boxenhaltung aus arbeitswirtschaftlicher Perspektive interessanter zu gestalten. Denn gerade die Entmistung ist – neben der Fütterung – ein wichtiger Zeitfaktor in der Pferdehaltung. Um für ausreichend Bewegung zu sorgen, sind Paddocks, Weiden und Führanlagen wichtige Mittel.
Sonderfall Paddockbox
Die Paddockbox ist bei vielen Einsteller deutlich beliebter und lassen sich je nach Region sehr gut vermarkten. In der Pferdehaltung nehmen sie somit einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Einige Experten geben sogar an, dass in modernen Pensionsställen mit Boxenhaltung Paddockboxen ein Muss sei. Die Vorteile: Die Pferde haben mehr Möglichkeiten zu Sozialkontakt und können Klimareize nach eigenen Vorlieben wahrnehmen. Wer möchte, kann im Regen stehen oder sich in den Stall zurückziehen. Achten müssen die Betriebsleiter jedoch darauf, dass die Nachbarn von Paddockboxen gut verstehen. Sonst kann der Paddock und der damit verbundene Sozialkontakt auch Risiken und Stress bieten.
Die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten sehen für Kleinauslaufe, zu denen der Paddock vor einer Paddockbox zählt, eine Mindestgröße von (2 x Widerristhöhe)² vor. Ein wichtiger Punkt ist auch die Umzäunung, sie sollte stabil und gut sichtbar sein. Bei kleinen Paddocks ist eine Elektroumzäunung unzulässig. Denn seine abschreckende Wirkung lässt das Platzangebot der Tiere schrumpfen. Die Tür einer Paddockbox ist häufig so konzipiert, dass sie entweder komplett oder halb geschlossen werden können. So wird aus einer Paddockbox, wenn es die Umstände erfordern, eine Außenbox. Zusätzlich unterstützen die Öffnungen das Stallklima und sorgen für viel frische Luft.
Draußen und in Bewegung: Offenstall
Herdenleben und Bewegung – aus den beiden offensichtlichen Vorteilen wird die Offenstallhaltung für Pferde immer beliebter. Auch für die Pensionspferdehaltung oder für eine Reitschule ist sie interessant. Hinzu kommt, dass dank Fütterungsautomaten die Fütterung ohne großen Arbeitsaufwand individuell passieren kann.
Beliebt sind Offenställe nicht nur bei Berufstätigen und Freizeitreitern, die ihr Pferd so tagsüber beschäftigt und an der frischen Luft wissen, sondern auch bei Turnierreitern. Auch für sie kann das Leben im Herdenverband ein großer Gewinn sein. Für Allergiker-Pferde bietet die Offenstallhaltung Vorteile durch ihre Klimareize. Andererseits birgt die Offenstallhaltung einige Risiken: Das Leben in der Herde kann für rangniedere Tiere schwierig sein, wenn nicht ausreichende Futter- und Liegeplatze sowie Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Für das Management ist ein Offenstall aufgrund der großen Fläche dann von Nachteil, wenn das tägliche Misten und Füttern nicht von Hand passiert. Stattdessen hilft passende Technik, die Arbeitswirtschaftlichkeit zu verbessern.
Mehr Infos zur Offenstallhaltung gibt es auch in unserem Sonderheft.