Viren, Bakterien, Epidemien im Stall? Ein Alptraum für Betriebsleiter und Einsteller. Um Dramen vorzubeugen, ist ein vorausschauendes Hygienemanagement das beste Mittel. Worauf Sie beim Impfen und Desinfizieren achten sollten, weiß Dr. Anja Kasparek (geb. Schütte). Sie ist die Klinikleiterin der Pferdeklinik Aschheim.
Impfen
Neben ausreichender Hygiene schreiben die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten die aktive Immunisierung gegen häufige Krankheitserreger vor. Dr. Kasparek hält die Impfung gegen Tetanus für ebenso zwingend erforderlich wie gegen Herpes und Influenza. Sie betont: „Alle Pferde müssen uniform geimpft sein – vor allem bei Herpes ist das sehr wichtig. Außerdem würde ich in jedem Fall – speziell aber, wenn Turnierreiter unter den Einstellern sind, die mit ihren Pferden auch häufig außerhalb unterwegs sind, den FN-Turnierangaben folgen und alle sechs Monate impfen.“ Den kompletten Bestand gleichzeitig zu impfen bedeutet, alle Einsteller zu koordinieren. Das sorgt für weniger Arbeit im Jahresverlauf und mehr Sicherheit für die Betriebsleiter.
Auszug aus den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission Veterinär (StiKo Vet) für Pferde
• Die Grundimmunisierung für Tetanus, Equine Influenza (EIV), Equine Herpesvirus (EHV-) Infektionen Typ 1 und 4 besteht aus jeweils drei Impfungen gegen Tetanus, Influenza und Herpes. Fohlen erhalten die dreifache Immunisierung im Alter von 6 und 7 bis 7 ½ Monaten. Erneut geimpft werden sie gegen Herpes und Equine Influenza mit 12 bis 14 Monaten und anschließend im Alter von 19 bis 21 Monaten gegen Tetanus. Wird ein älteres Pferd zum ersten Mal geimpft, sind die gleichen Intervalle sinnvoll. Wiederholt werden EHV- und EIV-Impfung alle 6 Monate, Tetanus alle 2 bis 3 Jahre.
• Eine Impfung gegen Druse empfiehlt die Impfkommission nur im Notfall. Allgemein rät sie aufgrund möglicher Nebenwirkungen und dem oft unzureichenden Impfschutz davon ab.
• Lyme-Borreliose: ein Impfstoff mit drei Borrelien-Arten (B. burgdorferi sensu stricto, B. afzelii, B. garinii) kann ab einem Alter von 12 Wochen verwendet werden: die erste und zweite Impfung finden dabei im Abstand von 2 bis 3 Wochen statt; die dritte 6 Monate später und die vierte ein Jahr nach der Erstimpfung. Wiederholungsimpfungen sollten Sie am besten einmal jährlich vor dem Höhepunkt der Zeckenaktivität im März oder April planen.
• West-Nil-Virus (WNV): In betroffenen Gebieten (Brandenburg, Sachsen-Anhalt, usw.) empfiehlt die Impfkommission, Pferde zu impfen. Mittelfristig voraussichtlich in ganz Deutschland. Aktuell sind in Deutschland drei Impfstoffe (mit inaktivierten Viren bzw. Vektoren) zugelassen, die laut Hersteller bereits bei Fohlen ab einem Alter von 6 Monaten eingesetzt werden können. Eine Grundimmunisierung geschieht über zwei Impfungen innerhalb von 3 bis 6 Wochen. Auffrischungen erfolgen jährlich. Eine Infektion ist anzeigepflichtig!
Im Zweifelsfall: Quarantäne
Kommen neue Tiere auf den Betrieb, ist eine Voruntersuchung ratsam. Dr. Kasparek empfiehlt, Lymphknoten und Temperatur zu kontrollieren: „Anschließend sollte der Neuankömmling noch ein bis zwei Wochen vom Rest der Gruppe getrennt bleiben. Hustet das Pferd während dieses Zeitraums häufiger und kommt der Verdacht auf, es könnte Druse haben, sorgen Spülproben für Klarheit.“
Treten Krankheiten auf, wenn das neue Tier mit dem Rest zusammentrifft, gilt zu bedenken: Es kann auch latente Träger im Bestand geben. Häufig sind das ältere Pferde. Das neue Pferd, das durch die Umgewöhnung gestresst ist, infiziert sich zuerst. Es scheint der Schuldige zu sein, tatsächlich aber versteckt dieser sich in der Herde. Wichtig ist also in jedem Krankheitsfall immer den gesamten Bestand zu prüfen.
Erkrankt ein Pferd auf dem Betrieb, ist Zeit der wesentliche Faktor: Frühzeitig erkannt, muss das Pferd direkt in die Quarantänebox. Oberste Priorität hat es, den Kontakt zu den anderen Tieren zu unterbinden. Dr. Kasparek erläutert: „Das kann auch in einem Zelt oder mobilen Unterstand sein. Wichtig ist, dass die Gebäude getrennt sind und die Quarantänebox geschlossen ist. Innerhalb eines Stalles kann eine Tröpfcheninfektion sonst nicht gebremst werden.“ Auch die zuständigen Mitarbeiter, das Equipment und die Arbeitswege sollten Sie streng trennen. Dr. Kasparek hält fest: „Ein konsequentes Management der Abläufe ist enorm wichtig, da sich Erreger auch an den Schuhen oder der Schubkarre festsetzen und verbreiten.“
Desinfizieren & Säubern
Wenn Boxen ihre Besitzer wechseln oder nachdem ein Pferd in der Quarantänebox war , ist eine gründliche Desinfektion nötig. Dr. Kasparek erläutert: „Während ein krankes Pferd in der Quarantänebox steht, muss die Box nicht desinfiziert werden, danach aber umso gründlicher. Erst mechanisch, dann mit frei verkäuflichen Desinfektionsmitteln, die auf die Keime abgestimmt sind.“ Achten Sie bei der rein mechanische Reinigung an Stellen wie Fugen und Verschraubungen darauf, besonders gründlich zu sein. Habe Sie alle sichtbaren Verschmutzungen entfernt und alles abgetrocknet, tragen Sie Desinfektionsmittel auf. Durchschnittlich müssen diese 10 Minuten einwirken. Die genaue Dauer ist produktabhängig und auf dem jeweiligen Mittel vermerkt.
Versterben Tiere auf dem Betrieb, sollten Halter und Tierkörperverwertung unmittelbar verständigt werden. Bestehen Zweifel bezüglich der Todesursache, rät Dr. Kasparek, den Tiergesundheitsdienst zu verständigen: „Dieser obduziert das Tier und stellt einen schriftlichen Befund aus. Die Option sollte man dem Pferdehalter immer anbieten und schriftlich festhalten, falls er das ablehnt.“
Fazit
Betriebsleiter tragen Verantwortung für die Pferde ihrer Einsteller, müssen aber zugleich deren individuelle Wünsche berücksichtigen. Bei grundsätzlichen Fragen wie Herpes-Impfungen oder Entwurmung sollten sie dennoch möglichst stallübergreifende Entscheidungen treffen und das ohne Ausnahmen umsetzen: Denn das dient dem Wohl der Pferde und dem Ruf des Betriebs.