Warnschilder sollen helfen, Einsteller, Besucher und andere Personen auf dem Grundstück eines Pferdebetriebs auf Gefahren hinzuweisen. Doch wann muss oder sollte man Warnschilder anbringen? Dazu ein aktueller Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth.
Pferde sind Fluchttiere und können immer unkontrolliert scheuen. Da das auch bei alltäglichen Geräuschen immer passieren kann, muss unter Umständen laut einem Hinweisbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 16 S 5049/17) explizit darauf hingewiesen werden. Andernfalls sind zum Beispiel Besucher einer Reitanlage, die im konkreten Fall Lärm verursachten, für daraus folgende Schäden nicht haftbar. Wie kam es zu dieser Entscheidung? – Eigentlich durch einen ganz alltäglichen Sachverhalt, wie er regelmäßig in Pferdebetrieben zu beobachten ist:
Der Fall
Eine Frau besuchte mit ihren drei und fünf Jahre alten Enkelkindern einen Reitstall in Nürnberg. Um dem dreijährigen Kind bessere Sicht zu verschaffen, setzte die Großmutter es in der Reithalle auf die dortige Bande. Als das Enkelkind mit den Schuhen gegen die Bande trat, erschreckte dieses Geräusch ein Pferd derart, dass eine Reiterin verunglückte und eine Schulterverletzung davontrug. Neben einem Schmerzensgeld von 3.000 Euro verlangte die Reiterin von der Großmutter auch Ersatz für einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von fast 2.000 Euro. Laut dem Landgericht Nürnberg-Fürth muss die Großmutter in diesem Fall nicht für den Schaden haften, da ein entsprechender Hinweis fehlte, dass Pferde bei alltäglichem Lärm erschrecken können. Ein aus Lärm resultierender Schaden könne den Verursachern so nicht angerechnet werden. Maßgeblich als Ursache für die Verletzung sah das Gericht das Verhalten des Pferdes an, dessen schreckhaftes Verhalten für die Besucherin nicht vorhersehbar war.
Risiko Pferd
Unabhängig davon, ob man diese Sichtweise des Gerichts nun unterstützt oder eher als weltfremd bewertet, ist so ein Sachverhalt in keinem Pferdebetrieb auszuschließen. Besucher des Betriebes, in der Reithalle, im Stall und auf der Anlage mit diversen Reitplätzen, Führanlagen et cetera sind immer ein Risiko für die Pferde, die Einstaller und letztlich auch für den Betreiber einer Reitanlage, der im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflichten externen Besuchern wie auch gegenüber seinen Einstallern haftet , die unter Umständen Ansprüche geltend machen könnten, wenn sie nicht durch entsprechende Maßnahmen des Betreibers – im Rahmen seiner zumutbaren Möglichkeiten – vor Risiken durch externe Besucher geschützt werden. Die vorliegende Entscheidung fordert zum Beispiel deutlich sichtbare Hinweise, sich in der Reithalle und eigentlich im gesamten Hofbereich angemessen und ruhig zu verhalten zur Vermeidung einer Gefährdung von Reitern und Pferden und im Grunde auch zum Selbstschutz, vor allem wenn Kinder dabei sind. Hinweise sind in diesem Fall deutlich sichtbare Schilder für externe Besucher eines Pferdebetriebs; die Einstaller sind ohnehin vertraglich im Rahmen der Betriebsordnung an die Verhaltensregeln des Betriebes gebunden.
Schilderwald
Oft findet man auf Reitanlagen Schilder mit der Aufschrift „Betreten auf eigene Gefahr“ oder „Nutzung auf eigene Gefahr“ oder auch „Reiten auf eigene Gefahr“. Der Betreiber versucht durch das Anbringen solcher Hinweisschilder seine Haftung für Schäden Dritter auszuschließen, indem diese die Anlage „auf eigene Gefahr“ nutzen sollen. Sobald ein Betreiber seine Anlage aber Dritten zugänglich macht – etwa indem er Pensionsboxen vermietet, Reitunterricht auf eigenen Pferden erteilt, Veranstaltungen durchführt oder auch nur den Durchgang und das Betreten seiner Anlage und Weiden durch Besucher duldet –, ist er verkehrsicherungspflichtig und bei Verletzung dieser Pflicht im Schadensfall in der Haftung. Das gilt nun auch für den Fall, dass man Besucher nicht deutlich sichtbar auf das Gebot der Geräuschvermeidung in einem Pferdebetrieb hinweist.
Haftung ausschließen
Jeder Anlagenbetreiber sollte immer versuchen, seine Haftung soweit wie möglich zu reduzieren oder gar ganz auszuschließen soweit möglich, am besten proaktiv vorausschauend. Im Schuldrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, was für Vertragsparteien bedeutet, dass diese frei bestimmen können, welchen Vertragsinhalt sie vereinbaren und wie welche Haftungsrisiken geregelt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Schädiger seine Haftung nicht durch einseitige Erklärung ausschließen kann – es sei denn, ein Betroffener unterwirft sich stillschweigend einer solchen einseitigen Haftungsausschlusserklärung. Häufig wird genau das versucht durch das Anbringen von Warnschildern, mit denen Anlagenbesucher auf ihre „eigene Gefahr“ und den Haftungsausschluss des Betreibers hingewiesen werden. Aber: Das Anbringen solch allgemeiner Warnschilder befreien einen Anlagenbetreiber keinesfalls von der Erfüllung seiner grundlegenden Verkehrssicherungspflichten und ein wirksamer Haftungsausschluss kann damit nicht wirksam erfolgen. Eine stillschweigende Einwilligung in den Haftungsausschluss seitens des Besuchers kann in der Regel auch nicht einfach unterstellt werden.
Richtig anbringen
Somit sind solche Warnschilder lediglich allgemeine Warnhinweise ohne die vom Aufsteller gewünschte Funktion eines wirksamen Haftungsausschlusses. Das bedeutet allerdings nicht, dass Warnschilder und Warnhinweise grundsätzlich wirkungslos wären. Es kommt darauf an, wie und wo solche (deutlich sichtbaren!) Warnhinweise angebracht sind, damit diese zu einem ganzen oder zumindest teilweisen Haftungsausschluss führen können. Konkrete Gefahrenhinweise für Dritte sind beispielsweise ausdrückliche Warnhinweise an Pferdeboxen, dass etwa das Pferd beißt oder dass die Box wegen aggressiven Verhaltens des Tiers nicht geöffnet oder von Unbefugten betreten werden darf oder dass nicht gefüttert werden darf. Bei Missachtung solcher Warnhinweise handelt ein Dritter bewusst und damit schuldhaft auf eigene Gefahr und setzt sich damit einem erhöhten und ihm bekannten Risiko aus mit der Folge , dass – im Falle einer Verletzung – den Aufsteller des Warnhinweises keine Haftung trifft, bzw. den Geschädigten ein Mitverschulden bis zu 100 % trifft.
Die Problematik der Haftung eines Anlagenbetreibers ist in der Rechtsprechung umfangreich behandelt und laufend führen neue Sachverhalte zu rechtlichen Entscheidungen wie der aktuelle Hinweisbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Jeder Anlagenbetreiber sollte daher Vorsorge treffen, die sich nicht allein darin erschöpft, die passenden Versicherungen abzuschließen. Haftungsbegrenzung für Anlagenbetreiber ist Risikomanagement und Qualitätssicherungsaufgabe. Das beginnt bei der Planung und Errichtung einer sicheren Anlage und hört beim sicheren und risikolosen Betriebsablauf nicht auf. Bei jedem Pferdebetrieb gilt immer, erkennbare Risiken für Personal, Kunden und Besucher zu reduzieren und eigene Haftungsrisiken als Anlagenbetreiber so weit wie möglich und rechtlich zulässig zu begrenzen. Ganz ausschließen kann man diese nicht, da auch hier gilt, dass ein Anlagenbetreiber nicht dort haftet, wo er will, sondern da, wo er soll.
Fazit
Es ist festzuhalten, dass alles, was in einem Pferdesportbetrieb passieren kann, auch einmal passieren wird und dass man zwar für viele denkbare und bereits ausgeurteilte Fälle vorausschauende Regelungen treffen kann, um potenzielle Risiken zu minimieren, aber eben nicht alle mit dem Betrieb einer Reitanlage verbundenen Risiken vorhersehbar oder versicherbar sind. Auch hier bleibt das allgemeine Lebensrisiko mit all den Überraschungen, die auch mit größtmöglicher Sorgfalt des Betreibers nur begrenzt und nie völlig ausgeschlossen werden können.
Autor/Experte: Thomas Doeser, Rechtsanwalt aus Tübingen (www.pferderechtsanwaelte.de).